Feuer. Namenlose Angst durch alle Glieder. Fauler Atem macht sich breit. Wie ein Bach rinnt kalter Schweiß über Stirn und Rücken. Schwarze Augenhöhlen starren aus blankem Schädel, grinsen höhnisch ins Gesicht. Knöcherne Finger graben sich schmerzhaft in rohes Fleisch, halten sie hilflos am Boden mit stählernem Griff.
Verzweifelt – sinnlos wie es scheint versucht sie sich zu wehren, wähnt sich bereits verloren.
Ein dumpfes aufstöhnen. Die Worte, einem Lied gleich, mehr nur Töne des alten Mannes verstummen und ein nasses Tuch wird auf die Stirn der schwarzen Norn gelegt. Die Augen, der Blick grade im hier und jetzt suchen die seinen und die trockenen, aufgesprungenen Lippen formen Worte, nur ein Flüstern gleich. "Nasih. Hilf mir hoch. Ich muss gehen. Ich muss zu ihm, zu ihr. Bitte." Die Worte sind einem Flehen gleich. Doch es dauert keine zwei Atemzüge, als die Lieder sich wieder schließen und die Pupillen wild zucken und der Geist der Norn wandert.
Leere. Sie läuft. Füße werden zu schweren Pfoten, Fell sprießt, dann ein Schrei und der nackte Körper fällt auf den waldigen Boden. Nebel. Er nimmt ihr die Sinne. Er lässt ihre Wut nicht zu. Verzweiflung steigt auf. Der Kopf dröhnt. Warum lässt er es nicht zu? Bärin ruft. Ruft sie? Oder ist es nur ein Traum?
Bilder. Drei Raben. Gemeinsam. Sie werden aufgeschreckt und fliehen in die Lüfte. Maurice, Mummy, Babba. Die dunkle, alte öffnet die Augen. Kalter Blick. Nebel steigt auf. Sie verschwinden. Nur der Blick bleibt. Anklagend. Kalt.
Sie bäumt sich auf und tief knurrt und brummt es aus ihrer Kehle. Nasih beugt sich über sie. Hält sie an den Schultern fest, greift zu ihrem Gesicht und umschließt mit den faltigen Händen Wangen und Ohren. "Bleib hier. Bleib bei mir. Du kannst es nicht aufhalten!"
Wieder öffnet sie die Augen. Plötzlich im hier und jetzt. Sie erkennt den Alten, wie er dort sitzt, der Körper vor und zurück wippt und und ein altes Lied über seine Lippen kommt. Rauch steigt auf. Rauchwerk. Ein Schutz vor was? Vor ihr? Der Blick wandert von der faltigen Haut zur Decke. Die Hitze in ihr ist unerträglich heiß. Für einen Moment erinnert sie sich an die Schmerzen. Ihre Rippen waren geprellt und ein Zahn des Tiers aus dem Sumpf hatte sich tief in ihre Schulter gedrängt. Aber der Schmerz, der sie lähmte war anders. "Dein Fleisch und Blut." kommt es von dem Alten, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Sie ist noch nicht einmal überrascht darüber.
Etwas bewegt sich am Fenster, kriecht herein und schlängelte sich um die dunkle Norn. Kraftvoll wird etwas unter ihren Rücken geschoben und zwingt sie unter leisem Aufstöhnen in den Sitz. Knurrig ist das Brummen, als sie sich schließlich erhebt, nicht allein durch eigener Kraft, doch trotzt sie dem Verlangen, dass die Schwärze sie wieder einholen will und so schließt sie stillschweigend einen Pakt mit der Schlange, wie schon so einige Male. Auch der Alte erhebt sich mit einem kopfschütteln. "Morin. Ob Rabe oder Bär." kommt es über seine Lippen.
Auf den Stab gestützt steht sie auf der Veranda. Ihr Blick liegt weit entfernt in den Baumkronen. Immer noch rinnen dicke Schweißperlen über ihre Stirn. Doch sie steht, steht dort und wartet auf dem Moment, in dem die Seele sich auf den Weg zurück machte.