Part 2: Akademiegeflüster

Schweigend ließen die beiden Schüler ein Bücherregal nach dem anderen hinter sich. Ihr Lieblingsplatz befand sich am Rand der Bibliothek. Ihr Lieblingstisch, ihre Lieblingssessel, ihr Lieblingsfenster, ihre abgelegene Einsamkeit inmitten der ganzen Hektik der Akademie. Es ist schon Monate her dass sie sich das letzte Mal hierhin begeben haben. Ein Regal noch, dann links zwischen den Beiden hindurch und man konnte ihn schon sehen. Ein simpler kleiner Platz wie jeder andere und doch war er etwas Besonderes für die zwei Magielernenden. Wie immer war der Tisch frei. Als hätten sie eine unsichtbare Startlinie überschritten erwachte eine alte Angewohnheit in beiden die sie lospreschen ließ. Vollgepackt wie sie waren glich es mehr einem Stolperlauf mit Hürden. Keiner der Beiden sich ihr Lachen verkneifen als sie den langen Gang mehr schlecht als recht entlangrannten. Den rechten Fuß auf den Tisch donnernd hallt es durch die stille Bibliothek
„Ha, ha! Erster, diesmal bist du dran das Regal auf Händen stehend zu umkreisen“, grinste Nat vergnügt. Wärend die Zehenspitzen noch auf dem Tisch ruhten, drehte er sich zu Lari. Einige Schritte entfernt stand sie, die Zweite zum dazugehörigen Dreiergespann. Als er sie sah, verging im sein Grinsen. Gerade eben noch hatten sie herzhaft zusammen gelacht und nun? Nun stand da ein Schatten ihrer selbst. Leicht gebückt, den Kopf gesenkt, während die Haare vor ihrem Gesicht hingen schüttelte sie langsam den Kopf. „Ich kann das nicht..“ hörte man sie leise, beinahe wimmernd, „ich kann das nicht, ohne ihr ist es nicht dasselbe.“ „Ssht!“ fiepste Nat, „Wir sollen darüber nicht reden.“
Fauchend sah sie zu Nat, „Wer soll uns hier denn schon hören, Miniatur Asura-Spitzel? Nur verrückte würden in diese Abteilung gehen! Es ist nicht fair, ich vermisse sie!“ Mit aufkommender Zornesröte gab Nat zurück, „Sei ruhig! Wir haben auch so schon genug Probleme“, damit hob er die ganzen Bücher die er noch immer unter den Armen trug, „setz dich hin, wir fangen mit Mathe an.“
Mit ihm zu diskutieren war sinnfrei, das wusste sie. Wortlos setzte sich Lari auf den Stuhl den sie die letzten Jahre auch schon benutzt hat und verstreute die Bücher großzügig. Kaum war sie fertig ihre Schreibutensilien herzurichten ging es schon los. Ehrgeizig wie immer hörte sie von gegenüber gekritzel von Tinte auf Papier, „Hier ist die Formel von der ich vorher gesprochen habe für unser Aufgabenproblem. Damit sollte die Hausübung einfach zu lösen sein“. Ein Zettel wanderte über den Tisch zu Lari den sie stumm nickend in ihre Hände nahm.
Irritert blinzelnd sah sie auf den Zettel. Anstatt der erwarteten hochkomplizierten Formel fand sie ein paar einfache Worte.


''Machst du dir Sorgen um sie?''


Ein leises Seufzen entkam ihr, „Und das von unserem kleinen Genie? So verallgemeinert kann man die Formel nicht anwenden, es ist eine situationell Komponente eingebaut die hier spezieller Betrachtung bedarf. Schau her..“, damit begann sie die Formel durchzustreichen und setzte ihre eigene darunter um sie wieder über den Tisch zu schicken.


''Natürlich, sie war.. ist unsere beste Freundin. Ich will nicht dass sie alleine ist...Idiot''


Nachdenklich betrachtet er das Stück Papier, „Es ist nicht schwer neben dir wie ein Genie auszusehen, wie immer hast du die grundlegendsten Regeln vergessen“, meinte er mit einem aufgesetzten schelmisch Grinsend wärend er die wachsende Formel erweitert.


''Sie regelmäßiger ausfindig zu machenfunktioniert also nicht?'


„Unmöglich“, rief Lari aus, „Den Radius sosehr zu reduzieren dass nur noch eine überschaubare Menge an Möglichkeiten besteht funktioniert nicht mit nur zwei Komponenten.“
„Dann nimm noch eine weitere Komponente hinzu.“
„Das macht es nur komplizierter, es muss einfacher gehen.“


Nat fuhr sich mit der Handfläche über sein Gesicht, „Du hast recht, wer soll uns hier schon hören, jetzt reden wir schon in Mathekryptography um überhaupt von ihr reden zu können..,“
Triumphiert grinsend lehnte sich Lari zurück, „Ich hatte schon Wetten mit mir abgeschlossen wie lang du diesen Unsinn noch weiterspielen wirst.“ Und damit fand ihr Grinsen wieder ein Ende, „hast du gehört wie man sie mittlerweile nennt?“
Ein knappes Nicken unterbracht kurz seinen Versuch die Bücher wieder zu sortieren und zur Seite zu schieben. „Sternenkind. Find ich eigentlich ganz süß und passend. Immerhin hat sie das auch schon früher getan. Wenn auch nicht so extrem wie jetzt.“Sie funkelte Nat an während sich ihre Finger förmlich in den Sessel gruben, „Machst dir ja wenig Sorgen um sie.“
„Schon vergessen wo ich gestern die ganze Nacht war?“, fragte er ruhig während er weiter Bücher hin und her ordnete und von einem Stapel auf den anderen verfrachtete. Kleinlaut brachte Lari ein „Tut mir leid“, hervor und entspannt sich sichtlich wieder. „Hast du mit ihr reden können?“ Ein Kopfschütteln von Nat folgt. „Keine Chance, jedes Mal wenn ich sie sah und näher kam verschwand sie sofort. Ich hab ihr wie immer etwas zu Essen dagelassen, aber ich glaube nicht dass sie überhaupt weiß von wem sie das bekommt. Wenigstens scheint es ihr gut zu gehen, so wie sie sich durch die Stadt bewegt braucht man einen kräftigen Körper.“„Ich hoffe es reicht… ihre Sternenhandel bringen sie in Gefahr. Für die Wachen ist sie nur eine durchgedrehte Kleinkriminelle und egal welche Wachengruppe Laca erwischen sollte, du weißt, das wäre ihr Ende.“
Beiläufig meinte Nat, „Du solltest ihren Namen nicht verwenden.“ Unruhig rutschte er auf seinem Sessel hin und her wärend er die Bücherregale um sie herum betrachtete. „Wirst du paranoid? Es ist ihr Spitzname, wer soll damit schon etwas anfangen? Denkst du sie rennt urplötzlich zu jemandem der ihren Namen ruft? Sie traut ja nicht einmal uns. Außerdem…“ Lari breitete ihre Arme aus, „Ist hier niemand, hier war nie jemand und wird nie jemand sein außer uns drei Verrückten.“„Ja, ja ist ja schon gut“ murrt Nat, stützte sich auf seine Hand und sah zur Seite aus dem großen Fenster, „Weißt du noch wie sie vor einem Jahr fast ein Monat in ihr Zimmer gesperrt war wegen dieser ansteckenden Krankheit? Sie hat ihr halbes Zimmer verwüstet weil sie nicht hinaus durfte und da war sie noch… normal, wenn man sie überhaupt jemals als normal bezeichnen konnte“, beide schmunzelten kurz als mehrere Erinnerungen durch ihre Köpfe zogen. „Sie war schon immer impulsiv. Vielleicht wäre es besser wenn man sie fasst und irgendwo unter Aufsicht hat. Keiner weiß was der Unfall bewirkt hat. Selbst wenn ihre Fähigkeiten dieselben geblieben sind könnte sie jemanden ernsthaft verletzen.“„Willst du damit sagen sie ist eine Gefahr?!“ keift Lari wütend und klatschte ihre Handflächen auf den Tisch, „Vergiss es, tut mir leid dass ich überhaupt damit angefangen hab.“ Damit packte sie ihre Schreibutensilien ein und ließ Nat verblüfft zurück. „Viel Spaß beim Tragen der Bücher, sind ja alles deine.“Entrüstet rief Nat ihr nach „W-warte! Du kannst doch nicht,... ich hab doch nur gesagt dass es vielleicht besser wäre.“Ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwendet zu haben vielleicht stehen zu bleiben keift Lari noch zurück bevor sie hinter dem Bücherregal verschwand, „Du hast unsere beste Freundin als eine irre Zeitbombe unbekannten Ausmaßes beschrieben, das ist nichts neues, aber sie einsperren zu wollen? Du tickst doch nicht richtig!“ Leise seufzt der Zurückgelassene, „Das kostet mich wieder einen teuren Nachtisch um die zweite Zeitbombe von uns zu entschärfen…“


„Das hab ich gehört und es wird dich mindestens zwei kosten, du wirst dich bei Laca entschuldigen mit einem!“