Von Feuer und Eis

ACHTUNG!
Prostitution, Gewalt, Elend und Wahnsinn



Kalt.
Kalt und hart.
So sollte Eis sein.
Kalt, Hart, Erbarmungslos.
Unaufhaltsam.


So sollte Eis sein. Sollte.
Gezwungen ruhige Schritte tragen sie durch die Nacht.
Vorbei an dunklen Fenstern, fest verschlossenen Türen, hinter denen sich ganz eigene Dramen abspielen.


Manchmal stellt sie sich vor, was hinter den Türen passiert.


Ein Vater, der seinen Kindern eine Gute-Nacht-Geschichte vorliest.
Eine glückliche Familie, die gemeinsam am Tisch vor dem Kamin das Abendbrot zu sich nimmt.
Ein Mann beim Liebesakt mit seiner Frau.


Eine Frau die versucht ihre Kinder vor dem Vater zu schützen.
Ein Mann, der nicht weiß wie er seine Frau und Kinder ernähren soll.
Ein Mann, der seine Frau grün und blau schlägt.


Jedes ein ganz eigenes Drama für sich.


Endlich in ihrer Gasse angekommen, fernab von Fenstern, fernab von Türen, presst sie den Rücken an die Wand.


Stille.


Nur der eigene, rasende Herzschlag, der dröhnend in den Ohren trommelt. Sie berauschen, verführen will.
Was tut das Eis, wenn es in Flammen steht?
Wie kann Eis sich dagegen wehren zu schmelzen?
Sie schließt die Augen, rutscht an der Wand hinab, bis sie sitzt, und den Kopf mit der Kapuze an die Mauer lehnen kann.


Dramen… jeder spielt sein ganz eigenes Theaterstück.
Auf wie vielen Bühnen kann man tanzen, bis man die Stücke durcheinanderbringt?
Wie viel Risiko kann das Eis eingehen bis es verschwindet?
Wie sehr kann Eis sich verbiegen, bis es bricht…?


Ein schweres Seufzen hallt durch die Gasse, und wieder einmal ist sie froh, dass sie hier niemand hört.
Zwischen Müll und Dreck, dort, wo streunende Hunde schlafen, sitzt sie, und wartet dass das Feuer erlischt.


Doch den Gefallen tut es ihr nicht.
Es lodert wild in ihrem Inneren, frisst sich durch die Eingeweide.


Fast wie früher.
Aufregung und Angst, gepaart mit einer anregenden Euphorie, die ihr Blut zum Kochen bringt.
Wie hat sie das Gefühl vermisst. So schmerzlich vermisst.
Wie ein Köter an der Leine, der sich nach Freiheit sehnt.
Danach, zu machen wozu er geboren wurde. Zu rennen, zu tollen, zu beißen. Beute jagen, sie reißen.


Ein tiefes Durchatmen.
Durchhalten muss sie. Stark bleiben.
Doch es ist nicht leicht.


Sie öffnet die Augen, lässt den Blick durch die Gasse wandern. Viel hat sich verändert, seit sie das erste Mal herkam.



Sie war jung gewesen, vielleicht Neun oder Zehn Jahre alt. Zumindest waren die anderen Kinder die so groß waren wie sie damals so alt.
Sie wusste ja nie wie alt sie wirklich war.
Und zählen konnte sie nicht. Damals.



Es war eine Nacht im Sommer gewesen. Sie hatte sich mit einigen Lumpen in die Gasse zurückgezogen um zu schlafen.
Der Friedhof war weit weg, und sie hatte beschlossen hier zu bleiben, für diese eine Nacht.


Später würde sie sich oft fragen, warum sie diese Entscheidung getroffen hatte.


Bedeckt von der löchrigen Decke die sie gefunden hatte, saß sie zwischen einigen leeren und Mistgefüllten Kisten, und aß von dem fauligen Apfel den sie gefunden hatte, als der Mann in die Gasse kam.


Sie hatte sich geduckt und ihn beobachtet.
Fett war er, und alt. Sein Haar war schon grau gewesen, schütter, sein Gesicht speckig, und der Stoff in den er seine fette Wampe gehüllt hatte, verriet ihr, dass er etwas Besseres war als sie.
Dass er immer genug zu Essen und ein warmes, weiches Bett hatte.
Der Anblick stimmte sie traurig und wütend zugleich.


Betrunken war er, lallte vor sich her.
Sie hatte sich versteckt, und doch bemerkte er sie. Nicht, weil sie sich auffällig verhalten hatte.
Sondern weil er zielstrebig auf ihre Kisten zu schwankte, und die Hose schon zum Pissen offen hatte, als er das Mädchen bemerkte das zwischen den Kisten hockte, und mit großen Augen zu ihm aufsah.


Heute, in der Nacht, wenn ihre Gedanken freien Auslauf hatten, erinnerte sie sich noch an jedes einzelne gelallte Wort das aus seinen fetten Lippen herausquoll, vorbei an seiner speckigen Zunge – bevor er sich auf das verschreckte Mädchen warf, das auch gegen betrunkene Kraft in diesem Ausmaß keine Chance hatte.


Erst Stunden später ließ er wieder von ihr ab, und lallte weiter seines Weges; Das weißhaarige Mädchen ließ er halb betäubt, heiser vom Schreien zwischen Lumpen und Fäkalien zurück.


Bei ihr ein paar Silbermünzen.


In jener Nacht hatte sie begriffen, dass sie ihren Körper einsetzen konnte, um an Geld zu kommen.
Es hatte lange Jahre gedauert bis sie gelernt hatte, bei derart unangenehmen Kunden den Geist soweit vom Körper zu lösen dass es ihr egal wurde.



Ein Kopfschütteln, wieder.


Natürlich waren Lumpen und Kisten längst an der Stelle verschwunden, und doch bildete sie sich ein, die Kratzspuren ihrer kindlichen Fingernägel auch heute noch im Putz der Hauswand sehen zu können.
Knirschend ballt sie die ledernen Finger zur Faust.
Ein Dolch für jeden der ein Kind anrührt.
Danach lebt sie.
Auch heute noch.


Sie weiß nicht warum sie auch heute noch immer wieder diesen Ort aufsucht.
Sich genau dort hinsetzt, wo sie den Ort im Blickfeld hat, an dem alles angefangen hat.
Vor langer Zeit.
Vielleicht weil sie den Schmerz und die Erinnerung braucht um sich zu motivieren. Zum Weitermachen.


Aufgeben ist keine Option.
Inakzeptabel.
Wie lange kann Eis überdauern bis es schmelzen muss?

"Give a man a gun and he can rob a bank.
Give a man a bank and he can rob the world."


Sneshana Iorga: 'Liz-mit-dem-Pferdearsch Lis? DIE Liz? Das Heck von Götterfels? Big Booty Liz? Twerkthatbutt-Liz? Der Arsch Lyssas? DAT BUTTLIZ?'


[align=center]"Das geht mir so am Arsch vorbei - und bei meinem Arsch will das was heißen."