Der Hofmagier- Das 7. Gesetz | Teil I
Lange bevor Lavande an den Hof kam und auch lange bevor er mit Lavandes Wunderwagen durch die Lande zog, da war er Lehrling im Kabinett der Kuriositäten. Der Laden war für den Verkauf von magischem Plunder bekannt, bot aber auch Zaubershows an Sonn- und Feiertagen. Es gab noch einen zweiten Lehrling, ein Mädchen namens Lucy. In ihr wohnte kein magischer Funken, aber sie war begabt mit dem Schraubenschlüssel und baute die Mechanik für die Zaubershows. Auch das Schaufenster, in der zu jeder Zeit eine mechanische Kettenreaktion ablief, war ihr Metier. Manchmal tüftelte sie auch an Spieluhren und Miniatur-Krausellen. Sie hatte ihre kleine Werkstube oben auf dem Dachboden und genau dorthin entführte sie Lavande als sie beide ungefähr siebzehn Jahre alt waren.
"Komm mit, ich muss dir etwas zeigen," flüsterte sie und schlüpfte durch den Vorhang in ihr Reich. Sie hatte einen explodierten Feuerschopf und ständig Ruß auf den Wangen.
Lavande folgte ihr und sah sich um, aufrichtiges Erstaunen in den Augen. Überall bewegte sich irgendetwas, ohne dass es eine magische Erklärung dafür gab. Puppen winkten ihm zu, ein Leierkasten spielte von selbst Musik, und über ihren Köpfen fuhr ein Männchen auf einem Einrad.
"Lucy - Das ist wunderbar," sagte er mit ehrlicher Bewunderung.
"Was? Das Einrad? Nein nein, ich will dir etwas anders zeigen! Ich präsentiere: den Hopplo!"
Mit einem Ruck riss sie ein Laken fort und gab den Blick auf einen mechanischen Hasen frei. Er war aus Kupfer oder Messing und man sah jedes Zahnrad. Er saß nur dort und tat nichts, Lavande fand ihn unspektakulär und überlegte noch wie er das höflich verpacken sollte, als der Hopplo plötzlich zu hüpfen begann. Er sprang um sie beide herum wie ein echter Hase.
Lavande drehte den Blick seinen Sprüngen nach und sah dann zu Lucy. "Wie machst du das?"
"Hier, willst du mal? Du musst diesen Hebel in die Richtung bewegen, in die er springen soll."
Sie reichte ihm eine klobige Fernsteuerung.
Lavande probierte sein Glück und tatsächlich sprang der Hopplo nach seinen Wünschen durch den Raum.
"Das ist großartig! Ich weiß, wie wir ihn noch besser machen können. Pass auf!" Er gab ihr die Fernsteuerung zurück und begann Magie zu weben. Plötzlich leuchtete die geisterhafte Illusion eines echten Hasen über dem mechanischen Skelett.
"Die Leute werden es lieben!" sagte Lavande.
"Nein! Nein, nein," empörte sich Lucy. "Lass das! Keine Magie! Hör auf!"
Lavande ließ seinen Zauber erlöschen und Lucy steuerte den Hopplo außer Sicht. Dann schaltete sie ihn ab.
"Wieso denn keine Magie?"
"Weil alles über Magie funktioniert. Der Hopplo ist besonders, weil er nicht magisch ist!" Lucy klang sichtlich gereizt.
"Ihm fehlt das gewisse Etwas, Magie würde..."
"Ihm fehlt was?" Lucy legte die Fernsteuerung aus der Hand. "Ich hätte wissen müssen, dass du das nicht verstehst. Bei dir dreht sich immer alles um Magie! Was anderes interessiert dich überhaupt nicht!"
"Das ist nicht wahr." Lavande ging auf Lucy zu und legte zwei Fingerspitzen an ihr Kinn um ihren Kopf zu sich zu drehen.
"Du interessierst mich."
Sein Blick flirrte über ihr Gesicht.
"Lavande... ?"
Lucy brachte nicht mehr heraus, da spürte sie schon seine Lippen gegen ihre federn. Die Augen weit aufgerissen versetzte sie ihm eine schallende Ohrfeige.
Lavande zog scharf Luft durch die Nase ein und biss die Kiefer aufeinander, auch die Augen schloss er kurz, doch dann begegnete er ihrem Blick fest.
"Du kannst doch nicht einfach... Ich dachte du bist... all das Lila...," stammelte sich Lucy zurecht. "Hör zu, es tut mir leid,... ."
"Der Hopplo braucht Magie, sonst wird er niemanden begeistern," sagte Lavande ungewohnt kalt.
"Hey.. wollen wir nicht über das reden, was gerade zwischen uns passiert ist? Lavande, ich wusste nicht, dass du Mädchen magst. Ich dachte du bist... ."
"Da gibt es nichts zu bereden. Konzentrieren wir uns auf die Show. Wir könnten den Hopplo am Sonntag bringen."
Lavande trat auf den Vorhang zu, der ihre Werkstatt vom Rest des Dachbodens abgrenzte.
"Sonntag schon? Nein, nein. Er ist noch nicht so weit. Du bist der einzige, dem ich ihn gezeigt habe. Er springt noch nicht so flüssig, wie er soll. Ich muss noch weiter daran arbeiten." Sie atmete durch. "Lavande? Wir sind doch noch Freunde, oder?"
"Natürlich." Er lächelte über die Schulter zu ihr zurück.
Sie erwiderte sein Lächeln zaghaft und erleichtert.
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