Der Hofmagier - Das 15. Gesetz | Teil I
Einige Wochen zuvor:
Die Nacht war still und kühl. Im Schloss von Sturmhammer flackerten die Fackeln entlang der steinernen Gänge und die Schatten tanzten an den Wänden. Lavande betrat den Salon des Grafen von Sturmhammer. Das große Kaminfeuer tauchte den Raum in goldenes Licht, das sich in den Weinflaschen eines eleganten Getränkewagens brach. Der Graf, ein Mann von beeindruckender Statur und grauen Haar, saß in einem Sessel aus dunklen Leder. Auf dem kleinen Tisch in der Sitzgruppe waren Pergamente und Karten ausgebreitet.
"Ihr habt nach mir gerufen, mein Graf?" sagte Lavande.
Der Graf lächelte freundlich. "Ja, Lavande. Setz dich zu mir, wir haben viel zu besprechen."
Lavande blickte flüchtig zu den Pergamenten und setzte sich auf den Sessel, dem Grafen gegenüber. Dann nahm er den Wein entgegen, der ihm angeboten wurde.
"Du bist ein bemerkenswerter Mann," begann der Graf. "Deine Fähigkeiten haben mir und meinem Reich bereits große Dienste erwiesen."
"Es ist mir eine Ehre, Euch zu dienen, mein Graf," erwiderte Lavande, seine Augen auf den Grafen gerichtet, doch sein Lächeln blieb undurchdringlich.
"Ich habe oft überlegt, was es bedarf, um deine volle Hingabe zu gewinnen."
"Ich bin Euch stets zu Diensten, mein Graf."
Der Graf beugte sich vor, seine Augen fixierten Lavande. "Es gibt viele Arten, Loyalität zu zeigen, Lavande. Manche sind offensichtlicher als andere."
Lavande verstand die Andeutung, doch ließ er es sich nicht anmerken. "Natürlich, mein Graf. Loyalität ist vielfältig und komplex."
Der Graf stand auf und trat näher an Lavande heran, die Hand mit dem schweren Siegelring seines Hauses legte er auf der Sessellehne ab, dann beugte er sein Gesicht näher zu Lavande. "Ich glaube, wir könnten eine tiefere, engere Verbindung haben."
Lavande sah den Grafen ruhig entgegen und überlegte, wie er die Situation entwirren konnte, ohne den Grafen zu verärgern. "Mein Graf, Eure Worte ehren mich zutiefst. Ich zeige meine Loyalität indem ich alles tue, was in meiner Macht steht, um Euer Reich und Eure Familie zu beschützen."
"Und was, wenn ich mehr von dir verlangen würde?" raunte der Graf.
"Dann, mein Graf, würde ich Euch raten, es nicht zu erzwingen, sondern der Sache Zeit zu geben. Denn wahre Hingabe kann nur aus freiem Willen erwachsen."
Der Graf blickte ihn einen kleinen Moment lang an als versuche er in seinem Gesicht zu lesen, dann stemmte er sich wieder in aufrechte Position.
"Du kannst gehen, Lavande. Aber denk über mein Angebot nach."
"Ich werde an nichts anderes denken, mein Graf." Lavande erhob sich und verließ den Salon.
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