Im Laufe des nunmehr vergangenen Tages waren in der kleinen, unbedeutenden Ortschaft, in der das Tulpenfeld brannte, dubiose Vorgänge zu beobachten. Der kriegstreiberische Balthasar-Priester aus Götterfels war gekommen, in Begleitung einer gladiatorisch berüsteten Kriegerin und einem beladenen Packdolyak.
Regelrechter Trubel für das winzige Provinznest. Selten sieht man Abgesandte der sechs Kirchen in einem Kaff wie diesem, und wenn, dann meist nur einen Melandru-Priester aus der Umgebung, der alle Jubeljahre zur Erntemesse kommt.
Die Balthasar-Diener stoppten an der Farm der Geschädigten, der armen alten Holly, und waren eine ganze Weile lang in Gespräche mit den Leuten vom Lande verwickelt, die wahlweise von höflich bis erregt reichten. Von Ketzerei sei da die Rede gewesen. Ein paar Kisten und Säcke wurden vom Dolyak abgelanden und vor Ort eingelagert.
Waffen seien da drin, zur Verteidigung gegen neuerliche Übergriffe, tuscheln die Waschweiber - als würde der Klerus des Kriegsgottes was andres bringen. Simple Vorräte zum Gemeinwohl wurden geschenkt, sagen die besonneren Dorfbewohner.
Etwas später sah man den bulligen Kriegerpriester reichlich gereizt wirkend hinauf ins Dorf walzen, um den Metzger aufzusuchen. Da gab es einigen Krach - hat der Irre etwa die Tür eingetreten und den Rufus angegriffen? Quatsch, meint der greise Wilfried von nebenan. Der hat den Rotgerüsteten nämlich ordentlich anklopfen sehen - immerhin stand Rufus' Reklameschild noch draußen.
Dieses dunkle Löwensteiner Weib, das er dabei hatte, folgte einige Zeit danach in die Metzgerei. Später noch sah man den Priester wieder rauskommen, ohne seine exotische Begleitung. Der ist doch allen Ernstes zum Bauern aufs abgebrannte Feld gestiegen, Rüstung und alles, um dort mit der Mistgabel bewaffnet mit zu schuften. Ging ganz schön voran, auch wenn er in seiner Platte gut geschwitzt hat.
Als es schließlich Abend zu werden begann, hat die Kriegerin nicht etwa den mitgebrachten Packdolyak weggeführt, nein. Den Rufus hatte die bei der Schulter, ganz grimmig sah der bärtige Kerl drein und ließ sich regelrecht abführen. Es ging wohl in Richtung des nächsten Seraphen-Außenpostens in der Gegend.
Der Priester hingegen blieb noch eine Weile länger, und zu abendlicher Stunde, als alle Feierabend gemacht hatten, ließ er die Belegschaft des kleinen Kaffs auf dem Dorfplatz zusammen rufen. Eine kleine Kistentribühne wurde zusammen geschoben, und im Schein von Fackeln und Laternen eine knappe, aber flammende Predigt vor den einfachen Landleuten abgehalten. Manch ein Durchreisender, der im Dorf Zwischenrast eingelegt hat, mag sie mitgehört haben:
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Ihr braven Bewohner von [insert Dorfname]!
Von Ketzerei habt ihr gehört. Von Gewalt am Nächsten. Und keine paar Tage hat es gedauert, da wurde sie unter Euch gesät, diese Gewalt. Ein feiger Brandanschlag, und Hollys Ernte ist dahin.
Und ich sage Euch - Ihr zürnt zurecht. Denn Ihr seid betrogen worden! Man versucht Euch zu aufzuwiegeln, gegen gesichtslose Sündenböcke, gegen die Kirche, gegen Euch selbst gar.
Die Schatten versuchen ihre Finger lang zu machen, um Euren Geist zu verwirren. Tückisches Banditenpack steckt hinter diesem Brandanschlag. Sie versuchen, uns treue Krytaner zu schwächen, und scheuen auch nicht zurück, unsere Einheit zu zermürben, indem sie Einzelne bestechen!
Und braucht es Gewalt? Ja, meine Brüder und Schwestern im Glauben! Doch unter Euch, den Bewohnern, selbst? Beim Barte Balthasars, nein! Der Feind kommt von außen, und er versucht, Euer Innerstes zu berühren.
Seien es die Banditen. Die Zentauren. Seien es Mörder und sonstige Verbrecher, die den guten Willen der Leute ausnutzen und verderben wollen.
Also steht gemeinsam und seid stets gewappnet. Erhebt gemeinsam die Waffen, wenn die Stunde danach ruft! Kein Verrat mehr in [insert Dorfname]. Keine brennenden Felder mehr und keine Blasphemie.
Ehre Balthasar!
Verrichteter Dinge erteilte der Priester den geneigteren unter den Dorfbewohnern noch den einen oder andren Segen, bevor er sich mit dem Packtier in die angehende Dunkelheit aufmachte, auf seinem Hammer daher krückend.
Wer kann davon gehört haben?
- Durchreisende auf dem Lande