Machtpositionen im Rollenspiel
Die TL;DR Version vorab:
Mit diesem Thread möchte ich um eure Meinung bitten um zu sehen, wie die allgemeine Meinung der Community dazu ist und wie weit die unterschiedlichen Ansichten dazu gestreut sind. Also bitte, gebt euren Senf dazu, egal ob ihr die Posts der anderen gelesen habt oder nicht und egal ob eure Gedanken schon mehrfach ausgesprochen wurden.
Die Frage dazu lautet:
Was haltet ihr davon, wenn im RP Machtpositionen durch Spielercharaktere besetzt werden? Ist sowas für euch in Ordnung oder nicht in Ordnung und warum? Auf welche Faktoren kommt es an und bis zu welchem Maß? Ist es schon zu verwerflich, die Stadtwache zu bespielen oder sind nur Positionen tabu, die durch namentlich in der Lore genannte Charaktere besetzt sind (z.B. König der Menschen oder Imperator der Eisenlegion)
Nun zu meinen zwei Cent in dieser Diskussion, gespoilered für die die sich erst einmal ihre eigene Meinung bilden ehe sie meine lesen:
Zwei Cents
Ich finde es ehrlich gesagt schade, dass sich selten getraut wird, den Schritt zu gehen und offizielle Positionen zu bespielen die tatsächlich ein gewisses Maß an Macht über bestimmte Bereiche haben. Für mich hat es die Rollenspiel-Welt von GW2 immer von denen anderer MMOS abgehoben, dass es hier nicht nur (zeitweise) rege bespielte Seraphen, Löwengardisten, Hainhüter und andere Stadtwachen gab, sondern dass auch das Ministerium der Menschen maßgeblich bespielt wurde. Und das nicht nur um gemeinsam Tee zu trinken und sich bei Bällen selbst auf die Schulter zu klopfen, sonder tatsächlich bezugnehmend auf Ereignisse im RP und der Story. Es wurden Räte und Versammlungen einberufen, es wurde tatsächlich gearbeitet!
Ich kann nur aus meiner Perspektive sprechen, der eines Spielers der nie selbst einen Charakter in Machtposition bespielt hat, aber mit seinen Charakteren einige Male mit ihnen aneinandergeraten ist, kooperativ wie konfrontativ. Mir hat das RP mit Seraphen, Löwengarde und Ministerium allerdings immer großen Spaß gemacht, auch wenn im Moment selbst das Sentiment des eigenen Charakters vielleicht etwas zu sehr geteilt wurde. Im Nachhinein betrachtet blicke ich allerdings nur positiv auf die Erlebnisse zurück und wünsche mir wieder mehr davon in meinem RP.
Aber nicht nur offizielle Staatsgewalten zählen für mich dazu. Auch Wirtschaftsmogule oder schlicht der Boss unter dem meine Charaktere arbeiten. Victor Iorga war zeitlebens ein schrecklicher Mistkerl, aber er hat mein RP ungemein bereichert indem er eine perfekte Karrikatur eines eiskalten Geschäftsmanns war der über Leichen geht um seine Ziele zu erreichen, auf der anderen Seite aber auch realistisch gehandelt hat, ein tiefgründiger und glaubwürdiger Charakter war, der dem RP die Ecken und Kanten verliehen hat, die es brauchte.
Das Rollenspiel bringt mir am meisten Spaß, wenn ich darin realistische, wenn auch fantastische Geschichten schreiben kann, wenn es Fallstricke und Stolpersteine gibt, wie Gesetze an die es sich zu halten gilt, Leute mit mehr Geld und Macht die je nach Ausgang Freund oder Feind sein können oder korrupte Politik. Aber nicht nur das, denn sowas könnte man sich auch über NPCs selbst generieren. Mir macht es Spaß, mit anderen in solchen Situationen zu interagieren, in der Hürde die es zu überwinden gilt den lebendigen Charakter einer anderen Person zu haben, der ebenso seine Ziele und Wünsche hat wie meiner. Mir macht es Spaß, für die Ziele meines Charakters zu arbeiten anstatt sie einfach aus dem Ärmel zu schütteln.
Nun könnte man argumentieren, dass es gefährlich sei, Charaktere in Machtpositionen zu spielen, dass es Spieler, neu wie alt abschreckt oder forttreibt. Immerhin hält mich nichts davon ab, mir auf der Stelle einen Minister oder Tribun zu erstellen. Und dann? Dann laufe ich mit diesem Charakter durch die Gegend, verlange Respekt von jedem der mir über den Weg läuft und lasse die verhaften, die es nicht tun? Oder erlasse einfach ein neues Gesetz an das sich folglich alle halten müssen?
Es ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar, wovor die Leute Angst haben, wenn sie sagen, bespielte Machtpositionen schrecken sie ab.
Punkt 1: IC Macht zu haben, bedeutet nicht, sie auch OOC zu haben. Nur weil jemand einen Charakter spielt der in der Welt einiges zu sagen hat, heißt das noch lange nicht, dass die Stimme dieser Person auch außerhalb des Spiels mehr wiegt. OOC sind wir alle gleichberechtigt (nur Mods und Admins haben vielleicht in ihren respektablen Bereichen etwas mehr zu sagen).
Punkt 2: Jeder hat das gleiche Recht, sich in eine dieser Positionen hoch- oder reinzuspielen, im Zweifelsfall sogar einen Charakter direkt zu erstellen, der direkt in einer solchen startet, sei es Seraph oder Besitzer eines Geschäfts. Benachteiligt wird hier also auch niemand.
Punkt 3: Mit großer Macht kommt große Verantwortung. Wenn jemand also einen Seraphen spielt und alles festnimmt, was ihn nur schief anschaut, wird der Charakter früher oder später dafür IC Konsequenzen tragen müssen, sei es reguliert durch seine Mitseraphen die ihn zur Vernunft rufen oder vielleicht durch einen Anschlag der grob unzufriedenen Massen. Auch OOC wird es sicher Konsequenzen geben, denn die Community wird das ebenfalls nicht gut finden und im Zweifelsfall wird man dann einfach ignoriert und aus dem RP ausgeschlossen. Wer sich aber an die Regeln hält und ein ‘gerechter König’ ist, verdient sich damit den Respekt den man ihm gegenüber bringen soll.
Punkt ABER: Das alles ist nur möglich, wenn sich alle Beteiligten vernünftig und rational verhalten. Was, wie wir alle wissen nicht immer ganz leicht ist, besonders wenn die Emotionen hochkochen weil der Charakter leidet oder die eigenen Pläne in Gefahr sind. Es ist einfach sehr wichtig dabei, so wie in eigentlich jeder RP-Situation, ab und an einen Schritt zurück zu treten und die Situation mit etwas Abstand zu betrachten. Durchzuatmen, sich zu sammeln und zu überlegen welche Entscheidung die vernünftigere wäre. Das ist vielleicht nicht leicht, aber wenn man mit anderen Menschen interagiert wird das nie ausbleiben.
Entsprechend finde ich, dass man nicht bereits präventiv unter der Möglichkeit, dass jemand seine Macht missbrauchen könnte oder Drama möglich ist, die Option der bespielten Respektspersonen komplett negiert.
Wenn alle Machtpositionen nur noch von NPCs besetzt sind, geht uns einfach ein großer Teil an Interaktionspotential und Spielmöglichkeit verloren. Nicht jeder mag ein Freund von politischen Diskussionen und Konflikten mit den Gesetzeshütern sein, aber es steht auch ebenso jedem frei einen Charakter zu spielen, der nicht in die Verlegenheit kommt, mit solchen Dingen in Berührung zu geraten. Ich bin einfach kein Freund davon, in einer Welt zu spielen, in der jeder machen kann was er gerade möchte ohne dafür Arbeit investieren zu müssen. Das macht die Welt für mich unrealistisch, unglaubwürdig und unimmersiv und das ist einfach schade, denn dieses Spiel so wie seine Community haben einfach unglaublich viel Potential. Es gibt hier so viele Spieler die eine immense Leidenschaft für die Welt und ihre Lore haben, die fantastische Ideen haben und Geschichten schreiben und das würde ich gerne genutzt sehen.
FAZIT:
Ich wünsche mir wieder mehr bespielte Institutionen und Positionen, Ämter und Titel die der Gesellschaft der Rollenspiel-Welt Struktur geben. Und wenn wir alle vernünftig miteinander interagieren und kommunizieren, OOC Unmut und Frust über Gespräche aus der Welt schaffen, miteinander Lösungen finden und Machtpositionen nicht benutzen um uns über andere zu erheben, kann das Rollenspiel so viel reicher und lebendiger sein.
Jetzt seid ihr dran! Was denkt ihr zu dem Thema? Teilt eure Erfahrungen und Wünsche mit!