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Es war Nacht und damit bereits viel zu spät für eine Rückkehr gewesen, was ihm kaum besser hätte gefallen können zu jedem anderen Tag. Der saure Geschmack von seinem eigenen Erbrochenem hing ihm noch nach und der Gestank nach scharfer Alchemie hatte sich ebenfalls festgesetzt. Das Duell mit Dronon ging einigermaßen voran, bis der Priester seinen berstenden Zauber in die Falle voller Wächtermagie geschmissen hatte und dadurch eine üble Detonation hervorrief, die den Platz aufgewühlt hatte. Die Aufforderung durch den Seraphen sich gefälligst um das Desaster zu kümmern kam ihm sehr gelegen, denn so konnte er noch mehr Zeit außerhalb des Hauses verschwenden. Kurz hielt er in seinen selbstgefälligen Gedanken inne und lehnte sich langsam runter, um seinen garstigen Gehstock aufzuheben, welchen er an eine Gürtelschlaufe hing. Danach folgten Schulterklappen und auch der obere Teil des Waffenrockes, was er beides anlegte. All jene Dinge hatte er achtlos fallen gelassen um schneller vorwärts zu kommen, der dreisten Elster hinterher die seinen ehemaligen Schüler beklaute. Flüchtig lachte er leise auf und musste doch grinsen. Es kam alles bestens zusammen. Erst der Kampf, dann die Verfolgung und zu guter Letzt auch noch jenes Banditenlager im Berg. Zuerst durfte er sich aufwärmen und sich festbeißen, bis sein Körper vor Anstrengung allemöglichen Medikamente nach draußen spie und zum Abschluss gab es ein heilloses Gemetzel, das sie unmöglich hätten verlieren können. Es hatte ihm Spaß gemacht und lockte einen nicht gerade geringen Ehrgeiz in ihm hervor, ebenso die Lust nach mehr. Mehr Kampf, mehr Blut, mehr Mord. Mord. Leider fand er keinen Anführer fort und den einzigen Überlebenden hatte sich Dronon für ein all zu kurzes Verhör geschnappt. Es hätte noch mehr Spaß machen können, doch war die Nacht bereits vorbei und wie der Priester es wollte, man wartete bis auf den Nachschub der Seraphen – erst dann ging es zurück nach Shaemoor und nun zurück nach Götterfels.
„Wo warst du?“ Irgendwie hatte er diese Frage erwartet, oder zumindest einen Schlag ins Gesicht oder ein weiteres fliegendes Messer. Doch so stand sie nur im Wohnbereich und sah ihn abwartend an, während er sich in das Gemäuer quälte. So geschwind er auch unterwegs war, ausdauernd sogar, sein Körper war schon lange nicht mehr der jüngste und viele Schlachten forderten ihre Tribute, die er nur zu gerne aufgeopfert hatte. Die Tür fiel hinter ihm in den Rahmen und ein leises Klacken in der Wand neben der Klinke verkündete einen einrastenden Schlossriegel. „Es.. gab ein paar Probleme.“ „Ich weiß, habt Ihr den Hammer zurück?“ Zuerst warf er ihr einen stur-aggressiven Blick zu, von dem sie vermutlich problemlos die Irritation ablesen konnte, doch schnarrte er schlußendlich nur genervt beim Anblick von Cornerstone, der am Küchentisch saß und gerade einen Kaffee trank. „Nein, haben wir nicht.. vielleicht dauert es sogar länger und wir können noch mehr Pack ausrotten.“ Sie schnaubte kurz amüsiert aus und ging gemütlich auf ihn zu, musterte ihn leicht. „Das glaubst du doch selbst nicht..“ „He, ich habe nichts gemacht.“, maulte der Mesmer, als ihm nun ein giftiger Seitenblick vom Krüppel zuteil wurde. Thrymaer raunte nur und sah die ehemalige Piratin an, die einen halben Meter vor ihm stehen blieb. „Konntest du durchsprinten, oder waren es doch nur.. ein paar hundert Schritt?“ Ein Grollen entkam ihm bei der Nachfrage. „Ich habe mich mehr geportet als irgendetwas anderes.. nachdem ich dein Hexenbräu ausgekotzt hatte, ging es allerdings wieder vorwärts.“ „Ja, ich dachte mir schon, dass es länger dauern wird.. und du solltest mir dankbar sein dafür, was ich mit dir anstelle.“ „Mich vergiften?“, feixte er und lehnte sich ein Stück zurück, als sie näher heran kam, jedoch wich er nicht. „Nein, dich versorgen.. oder willst du behaupten, dass du es selbstständig geschafft hättest in fünfzig Tagen so weit zu kommen?“ Sie hatte ein Argument und das ließ ihn engstirnig an ihr vorbei hinken. Der Stock hing immer noch an seinem Gürtelbehang und wurde nicht genutzt. Es fiel ihr vermutlich auf, denn sie wandte sich herum und folgte ihm mit dem Blick, bevor ihre linke Hand plötzlich zum Schlag ausholte und sie ihm kraftvoll den Dolch in die Seite drückte, den er schon längst vergessen hatte. Die Diebin hatte ihm dieses Ding entgegen geworfen bei der Flucht und es hatte sich unnötig tief im Schuppenpanzer des Harnisches verkeilt. Zwar schnitt die Klinge ihm nichts auf, aber es war stark genug, um diverse bereits steckende Nadeln tiefer zu treiben. Chester trat also noch einmal nach und der Zaishen raunte auf, wankte doch zur Seite weg und drehte sich abrupt zu ihr herum. „Was soll der Mist?“ „Du hast ein Andenken dabei, was glaubst du denn?“
Sie hatte ihn versorgt, mal wieder. Er fragte sich schon gar nicht mehr warum sie sich das überhaupt noch antat, denn so hatten beide was davon. Sein Körper wurde trainiert und an der Disziplin gearbeitet, genauso wie an der Ausdauer. Die Wunden wurden von jemanden mit Fachwissen versorgt, auch wenn er nie so wirklich wusste woher das kam was ihm allerdings bereits egal geworden war. Oft genug hatte sie ihn aufgeschnitten und vermutlich noch öfter mit irgendwelchen Mitteln vollgepumpt, von denen er noch nicht einmal gehört hatte. Um Erlaubnis bat sie nicht, sie tat einfach. Und das mochte er an ihr. Sie war ruchlos, wenn auch nicht ganz ohne Skrupel wie er und konnte ihm in bestimmten Momenten nicht nur das Wasser reichen, sie trumpfte darüber. Vielleicht lag es daran, dass sie eine Frau war.
Später Vormittag. Schnaufend stieß er die Luft aus und ächzte immer wieder, wenn er die Anspannung im Leib löste. Kopfüber hing er soeben mit dem Blick durch den Raum im Erdgeschoss. Der Unterleib lag auf der Arbeitsfläche der Küchenzeile und Chester saß als Gewicht obenauf, machte sich nebenbei noch Notizen. „Gibst du schon auf?“ „Schnauze..“ Keuchend hob er den Oberkörper wieder hinauf und spürte dabei, wie so einiges in seinem Leib vor Schmerzen schrie. Keine Nadeln und keine Medikamente hielten ihn zurück oder dämmten ihn ein, gaben ihm dadurch allerdings auch keine Unterstützung. Der Leib stank nach Schweiß und die paar Haarsträhnen, die es nicht in den Zopf geschafft hatten, klebten nass im Gesicht. Es war ihm so egal, was die lädierten Sehnen kreischten. Sein Körper. Sein Wille. Und sei es bis zur Ohnmacht, er machte weiter. Die erschwerten Liegestützen gingen schon seit zwei Stunden und er konnte seine Beine schon nicht mehr spüren. Dieses fette Weib drückt mir das Blut ab und hat nichts besseres zu tun, als mich zu nerven. „Hör auf zu denken, mehr üben.“, feixte sie ihn an. Nicht unbegründet, denn er sah sie schon die gesamte Zeit über genervt an. „Halt den-“ „Nicht reden, mehr üben.“ Die Mahnung entlockte ihm einen grunzenden Laut, bevor er sich nach unten fallen ließ und kurz vor dem Aufschlag mit dem Rücken und auch dem Hinterkopf an das feste Holz erneut die bereits überanstrengten Bauchmuskeln anspannte, um sich erneut aufzurichten. Die Schultern begannen zu zittern und so auch die Arme, die er deswegen überkreuzt vor die flache Brust nahm. Weniger Gewicht an den Seiten und mehr Konzentration auf den eigentlichen Arbeitszonen. Die erste Hälfte war kein Hinderniss, jedoch stockte ihm der Atem und saure Galle stieg ihm in den Mund, als es noch weiter gehen sollte. Es wollte nicht so wie er und es kotzte ihn so an. Die Frau lehnte sich etwas nach vorne und drückte ihm dadurch unnötig das linke Knie in den rechten Oberschenkel, was ihm ein schnaufendes Grunzen entlockte. „Drückst das Blut ab, Weib..“ „Ja, das und mehr.. kommst du nochmal hoch, oder war es das?“ Er konnte nicht mehr, weder ging es nach oben noch wollte er aufgeben, also übernahm sie die Führung. Kommentarlos stand sie auf und entfernte dadurch das benötigte Gewicht für ihn, um seine Position überhaupt zu halten. Dumpf rutschte er auf den Boden runter und knallte auf das Holzparkett, raunte dabei auf. Über die Pause freute sich zumindest die Lunge, die ordentlich zu pfeifen begann ob der neuen Lage und auch dem Sauerstoff, der nun ungehemmt die Flügel fluten konnte. Chester sah ihm unbeeindruckt nach, setzte sich zurück auf die Arbeitsfläche und nahm ihre Notizen wieder zur Hand. „Das waren nun ungefähr vier Fünftel, die du erreichen wolltest.. also noch einmal die Hälfte.“ Bei den Worten raunte er genervt auf und quälte sich dennoch in eine sitzende Position hoch. Die Muskeln streikten und ihm wurde schnell übel, jedoch nicht zu schnell um ihm seines Mageninhaltes zu berauben. „Ja.“, schnarrte er dann und griff nach dem Rand der Arbeitsfläche um sich aufzurichten, doch schlug sie ihm die Hand wieder fort. „Nichts da, das schaffst du alleine.“ Zuerst wollte er sie aggressiv angehen, doch dann schüttelte er nur den Kopf und drückte sich so langsam auf die Beine hoch. Sie zerrte ihn durch diese Tortur und auch durch die Qual überwacht zu werden, gelenkt. Etwas, das er seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr erlebt hatte. Und er hasste es. Er hasste es, doch nicht das Training welches er doch immer wieder selbst anpeitschte, egal ob er sich damit zermarterte oder nicht. Er hasste es, dass sie damit Erfolg hatte.
Für falschen Stolz und so etwas wie Würde war allerdings kein Platz, es musste weiter gemacht werden. Ein Ausflug stand bevor und mit Sicherheit noch weitere Kämpfe, die er bestreiten sollte und auch wollte. Übung und Disziplin mussten sein, jeden Tag, in jedem Moment. Alles andere wären Feigheit sowie Bequemlichkeit und das duldete sein Gott nicht.