Oxuatl zählte zu den abstoßendsten und skurrilsten Entitäten, denen Dronon zeit seines Lebens begegnet war.
Selbst für einen Hylek ging der grünhäutige Froschmann in die Breite, schwabbelig vor Fettschwarten, die sich im Zuge eines – für die Verhältnisse seiner Art – langen und dekadenten Lebens angesammelt hatten.
"Ihr könnt mir.. sicherlich etwas.. bieten, um Euer Anliegen.. in Betracht.. zu ziehen, Menschenpriester?" Oxuatls gurgelnde Stimme ging langsam, fast schon keuchend, als laste ihm die eigene Fettleibigkeit arg auf der Lunge.
Ob der Worte spürte der Priester Balthasars, wie seine Kiefermuskulatur in harsche Anspannung geriet. Unweigerlich mit den Zähnen knirschend, stierte er seinem Gegenüber entgegen.
Der Sammler saß mangels ausreichend weit gebauter Stühle auf einem seiner gehorteten Liebhaberstücke – einer klobig ausgeführten Bank nach Stil der Norn, rustikal aber kunstvoll mit vergoldeten Schnitzmustern verziert.
Sein Sitzkomfort war durch einen regelrechten Berg von bestickten, mit Troddeln behangenen elonischen Kissen gesichert, der aufgedunsene Leib gehüllt in einen absurden schwarzen Frack, wie ihn Götterfelser Edelleute trugen – nur eben in Massenverschwendung teuren Stoffes auf die körperlichen Dimensionen des Hylek maßgeschneidert.
Das Haus, das der seinem Volk deutlich entfremdete Hylek und seine bezahlten Lakaien im Löwensteiner Westlichen Bezirk bewohnten, war noch eines der 'alten', das Scarlets Invasion überstanden hatte. Ein umgedrehtes, bauchiges Handelsschiff, das nicht länger seetauglich war – umgebaut zur dreistöckigen Behausung.
Das gesamte Gebäude war von oben bis unten voll mit erlesenen Antiquitäten und seltenen Ausstellungsstücken. Man mochte sich die Frage stellen, ob der aktuelle Besitzer nicht auch das Haus selbst als Sammlerstück erstanden hatte.
"Ich habe meine Fachkenntnis zu bieten.", entgegnete der Priester Balthasars in vehementem Bass. Knapp grollend, wandte er sich halb um, wobei das geschwärzte Kettengeflecht unter den roten Platten rasselte. Das Löwensteiner Klima machte ihm Nichts aus, und so trat er zu diesem Gespräch vollständig gerüstet auf. "Jemanden mit größerem Wissen über die Hinterlassenschaften der alten Zaishen und Balthasar-Kleriker werdet Ihr nicht finden. Ohne mich wird Euer bunter Haufen hier das Ganze womöglich vermasseln."
Der Blick des bulligen Priesters fiel auf die drei Gestalten im Hintergrund, welche sich brav lauschend im Halbkreis aufgestellt hatten. Nur einer von Oxuatls Suchern war menschlich, ein braungebrannter, wettergegerbter Löwensteiner mit nichtssagenden Schweinsäuglein, der Haupthaar und Bart gleichermaßen in getrimmten Stoppeln trug. Klassischer Söldnertyp. Dazu kamen eine schlanke, scheinbar permanent lächelnde Sylvari mit gemischt grasgrünem und haselnussbraunem Blattwerk, das zugleich als Kleidungsersatz aus ihr heraus und um sie herum zu wachsen schien – und, schlussendlich, ein Tengu.
Der Priester konnte dem gefiederten Wesen eine gewisse majestätische Kraft nicht absprechen, grazil über die beiden anderen aufragend, mit den schwingenartigen Armen hinterm Rücken gekreuzt. Doch Dronon hatte wenig Liebe übrig für ihn und seinesgleichen. Ein extravaganter, goldener Ohrring klimperte am spitzen Ohr des Tengu, als dieser dem Balthasardiener den Schnabel zuwandte und aus schwarzen Habichtaugen den grimmigen Fokus erwiderte.
"Euer Vorreiter.. Zwistmark? ..gab mir Grund zur Annahme, dass Eure.. Absichten dennoch nicht.. selbstlos sind, Menschenpriester." Das schwerfällige Gegurgel des Hylek lenkte das Dreinstieren Dronons wieder auf diesen.
"Driftmark.", fiel zunächst die beiläufige Korrektur. Er wusste genau, was die fette Kröte zum Ausdruck bringen wollte, und so schwieg er einen Moment, bevor die trockene Entgegnung folgte. "Und natürlich bin ich nicht hier, um Eurer Unternehmung einen Segen zu sprechen, den ein Nichtmensch ohnehin nicht zu schätzen wüsste."
"Oh, aber.. täuscht Euch nicht in mir, Menschenpriester.", entgegnete Qxuatl. Er hob seine plumpe Rechte, ließ die langen Amphibienfinger quer durchs Interieur schweifen. Überall Sammlerstücke verschiedenster Art – hier ein ausgestopfter Frostfeuer-Dryder, ein spinnenartiges und von manchen ausgestorben gewähntes Raubtier, da eine kunstvolle, mit kleinen Rissen überzogene Statuette der Lyssa, dort ein paar eingerahmte Speerspitzen, die zweifelsohne irgendeiner alten Kultur entstammten. "Ich kann mich.. für viele.. antiquierte Praktiken begeistern."
"Das von Jemandem, dessen Artgenossen Regentänze aufführen, um die Sonne anzubeten.", schnappte Dronon tief und kehlig hervor. Die beiläufige Blasphemie, die in den Worten dieser aufgedunsenen Kreatur lag, trieb ihm mit einem Schlag das Zornesblut zu Kopfe. Er konnte sich nur mit Mühe beherrschen, es bei der einen scharfen Entgegnung zu belassen. Umso abrupter war der Wechsel zurück zum eigentlichen Thema, wenngleich er die Worte nun ebenfalls träger sprach, unterstreichender. "Der Amboss ist von religiöser Bedeutung. Er steht der Kirche Balthasars und den verbliebenen Zaishen zu. Ihr und Eure Sucher werden gut bezahlt werden für Informationen und Zusammenarbeit."
Eine der drei Gestalten im Hintergrund schnalzte darob mit der Zunge, doch der Priester zollte dem keine Beachtung.
"Ausgeschlossen.", gurgelte Oxuatl, plötzlich in deutlich schärferem, rascherem Tonfall. Die Froschaugen engten sich. "Ich glaube Ihr missversteht das.. Ganze etwas, Menschenpriester. Ich bin kein bezahlter.. Artefaktjäger. Ich sammle für mich selbst."
"Das ist mir bewusst, aber dieser Amboss ist mehr als nur nett anzusehen. Ich kenne fähige Schmiede, die eine exakte Kopie für Eure Sammlung anfertigen könnten, wenn wir fündig geworden sind. Genauso könntet Ihr alle sonstigen antiken Funde behalten, die sich im Zuge der Suche eventuell auftun."
"Ihr als Priester.. werdet verstehen, dass eine.. täuschend echte Fälschung niemals.. denselben sentimentalen Stellenwert hat wie das Original." Der Hylek sperrte das breite, schwabbelige Maul auf, und eine schleimige Zunge schoss meterlang hervor, um eine getrocknete Heuschrecke aus dem Knabberschälchen zu schnappen, das auf dem polierten Mahagonitisch vor ihm bereit gestellt war. Kauend, fügte er an: "Clyde, führ den.. mächtigen Kampfpriester deines Volkes.. nach draußen."
Langsam engte Dronon die Augenlider zu verächtlichen Schlitzen, ohne den Fokus zu von Oxuatl zu lösen. Er ignorierte die Schritte, die hinter ihm in respektvollem Abstand aufschlossen. Diese gierige fette Kröte, dieser profane Löwensteiner Raffke, wollte ihn fortschicken wie einen weltlichen Bittsteller. Langgezogen war das drohende Knurren, das der gepanzerte Riese nur allzu deutlich ausstieß.
"Oh.. bitte.", schlabberte der feiste Hausherr gemächlich von seiner kissengepolsterten Bank herauf. Er kaute schon auf der zweiten Heuschrecke herum. "Zwingt mich nicht, die Löwengarde.. Euren Abgang übernehmen.. zu lassen."
"Die Löwengarde..", knurrte der Priester Balthasars weiterhin mehr als dass er sprach. Ein dumpfes Schnauben folgte. Und ein Einfall gleich darauf. Er verengte die Augen noch schärfer, als er gedehnt anfügte: "Sagt – dieses beschriftete dunkle Steinfragment dort unten im zweiten Stock. War das etwa ein Bruchstück vom zerstörten Moran-Denkmal? Die Büste des Charr-Helden daneben sah auch aus, als wäre sie einmal der Kopf einer Statue der Eisen-Legion gewesen. Was denkt der Orden der Gerüchte davon, dass Ihr die Uniform eines Feldagenten in Eurem Wohnzimmer auf einer Modellpuppe ausstellt?"
Der erschrockene Blick des Hylek verriet Dronon zwei Dinge – dass sowohl er selbst als auch Driftmark falsch gelegen hatten mit der Einschätzung vom Vortag.. und dass er Sarzaleths gespaltener Zunge einmal zu oft gelauscht hatte.
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