Noch immer konnte er kaum fassen, dass sie ihn mit dem Kind allein gelassen hatte. Wieder und wieder waren seine Augen über die Merkliste geglitten, welche sie ihm geschrieben hatte. Es stand alles da, aber das vermochte an seiner Blockade wenig zu ändern.
Kontrolliert schnaufend ließ Sentenzar die massive Hantel zurück auf die Bank sinken. Der grob gehauene Stahl lastete mit einem schweren, dumpfen Laut darnieder. Schwielige Finger griffen nach dem Handtuch; er wischte sich den groben, aber nur schwach vorhandenen Schweiß von den Muskeln. Kein Training – nur aufgewärmte Muskeln, denn Arbeit lag vor ihm.
Quickfideles Gebrabbel zu seiner Linken ließ ihn gen des Jungen aufblicken. Ein Außenstehender hätte nie erraten, dass das Kind noch nicht einmal ein Jahr alt war. Die Bank dankte dem Priester mit einem argen Knarzen, dass er sie um knappe drei Zentner Belastung erleichterte, um sich hinter Dannick ans Bett zu stellen.
Lass ihn machen, aber pass auf, dass er nicht auf den Kopf fällt. Gleich einem Mantra rief er sich die Worte immer wieder ins Gedächtnis, während er aus breitbeinigem Stand auf das Balg herabblickte. Ein regelrechtes Ungetüm für das zarte Alter, das sich mit kräftigen Patschehändchen an der Bettkante hochzog, als wolle es alleine stehen, als wolle es gar Klimmzüge vollführen.
Ihm war bewusst, wie angespannt und versteift er wirken musste, aber Niemand konnte ihn sehen, und das war gut so. Zähneknirschend stierte er auf das fusselige Haupt des winzigen Menschen herab. So plump und rundlich, so klein und verwundbar. Er wusste, dass Dannick ein starkes Kind war. Niemals aber hörte die unbedarfte Schwäche dieses zarten Alters auf, den Priester des Balthasar zu befremden.
Mavey konnte den Jungen herzen und trösten, ihm Wärme bieten. Bei allen Ewigen, sogar völlig fremde Menschen konnten es. Aber nicht er. Nicht der Mann, der ihn gezeugt hatte. Er hatte es getan, um Balthasar ein Geschenk zu machen. Um einen Krieger in die Welt zu setzen. Den Krieger der Zukunft. Die perfekte, lebende Waffe.
Und der Gedanke daran, wie weich alle anderen mit diesem Spross umsprangen, machte ihn krank.
Als Dannick aus großen Augen zu ihm aufblickte, um ihm ein zahnloses, pausbäckiges Lächeln zu schenken, fand er sich außer Standes, es zu erwidern. Aber da war noch etwas anderes. Etwas, das seinen Blick einen Herzschlag lang bannte. Schließlich blähte der Kleriker die Nasenflügel, um zu schnauben.
"Zeit, dich zu deiner Großmutter zu bringen.", sprach Sentenzar, während er starke Hände herab reckte, um das Kind unter den Ärmchen zu packen und in einer Leichtigkeit hochzuheben, mit der andere Männer einen Spielball an sich genommen hätten. "Dein Vater hat einen Mann zu töten, und ich fürchte ich kann dich noch nicht zu deinem ersten Blutsport mitnehmen."