Schulausflug
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„Ach.. Ich bin mir nicht so sicher..“ Kassis seufzte gedehnt. Seine Euphorie war in einem neuen Rekordtief, während er von dem ganzen Szenario komplett gelangweilt schien. Er hockte neben Dogrem auf einem Felsvorsprung des Hügels und malte mit seinem rechten Zeigefinger Kreise vor sich auf den Boden. „Es ist so, als würde man Kinder beobachten..“ „Es sind Kinder.“, grummelte der Meister der Attentäter mit einem verbissenen Unterton, während er sich nebenbei die Zigarette anzündete, die er sich in den Mundwinkel gesetzt hat. „Wir sind hier um aufzupassen wer welche Fehler macht.. und wer überlebt.“ Mehrmals zog er an dem gedrehten Sargnagel, bis die Glut eigenständig brannte und schnaubte dann den ersten Schwall bläulichen Dunstes aus. „Da kommen auch schon die ersten. Hoffen wir, dass es einigermaßen schnell geht.“, fügte er ohne aufzusehen an. Just in jenem Moment tauchte die nächste Patrouille auf. Zwar ohne Wachhunde, jedoch stark bewaffnet und äußerst aufmerksam. „Hm..“, kam es nachdenklich von Kassis, der einen Moment aufhörte kleine Schnörkel in die Erde zu drücken, nur um durchatmend den Kopf auf die Seite zu neigen. „Wo sind eigentlich..“, begann er murmelnd, lehnte sich ein Stück vor und harrte so aus. Dogrem brummte amüsiert auf die Frage hin. „Haben sich versteckt und warten darauf, dass die Patrouillen in Stellung kommen.“, beantwortete der zweite Aufseher ihm, der es sich schließlich einfach neben ihm bequem machte. „Hmm.. Gestern waren zwei von dir drann, also sind es heute zwei von mir?“ „Richtig, doch beantworte mir eine Frage, Kassis.“ „Ja?“ Der Vermummte verdrehte den Kopf, bis das verdeckte Gesicht dem Gleichgesinnten zugewandt war, der sich einen neuen Lungenzug von seiner Zigarette gönnte, während sein Blick aus eisigen Augen in den Wald hinein gerichtet war. „Wo ist dein Blut?“ „In meinen Adern.“, schnaubte Kassis aus, als gäbe es keine andere derartige Frage an der Grenze zur Dämlichkeit, ehe er stockte und beinahe hektisch an seinem Gürtelbund herum suchte. „Uhm..“ „Ich bin begeistert.“
Tagebuch
Warum hast du mich nicht vorgewarnt? Es hätte viel einfacher sein können! Warum frage ich dich überhaupt? Du bist ein Buch. Du kannst nicht sprechen. Und wenn, dann wärst du kein Buch, sondern etwas, das ich nicht mag. Du könntest nämlich ungefragt sprechen. Ich mag das nicht.
„Es ist nicht da.. Wo habe ich es gelassen?“ Ein lautes, schmatzendes Geräusch aus dem Wald ließ ihn zusammen zucken und aufschrecken, bevor er ebenfalls wieder hinab sah. Tatsächlich waren es zwei der Robenträger, die nun dort zu sehen waren und die Patrouille erfolgreich abfangen konnten. Einer krümmte sich wie in einem Anfall auf dem Boden inmitten eines stark leuchtenden Zirkels, während sich direkt daneben ein zweiter Zirkel befand, welcher allerdings soeben dabei war zu erlöschen. Ein widerwärtiges Gemisch aus Fleisch und Stahl lag dampfend überall verteilt. Eher zögerlich wanden sich die beiden Kultisten herum und sahen fragend zu den Aufsehern hoch. Kassis schüttelte sich ein Stück. „Uhh.. Ich weiß, wo mein Blut hin ist..“ „Ich beglückwünsche dich zu dieser Erkenntnis.“, seufzte Dogrem auf, der die Kultisten zu sich hinauf winkte. „Aufräumen, den Überlebenden mitnehmen und die Spuren verwischen.“, brummte er hinab, woraufhin die beiden vermeintlichen Auszubildenden auch schon dem Befehl nachkamen. „Heute gibt es gut zu essen.. oder allgemein die Tage, wenn man sich ansieht was deine Schützlinge alles anrichten.“ Knapp warf er dem Vermummten einen Blick zu, der die Schultern grummelnd hoch zog und dann doch die Kreise weiter malte. „Ich werde aber nicht kochen..“, nuschelte er dann eher nebenbei, während er die rechte Hand ausstreckte und jene ergriff, welche mit einem dumpfen Geräusch neben ihm auf dem Vorsprung aufkam. Blutig, zerrissen und so heiß, dass Kassis es mit einem leisen fauchenden Geräusch wieder unterließ und die Hand zurück auf den Boden warf, auf welchem sie leise spratzelnd weiter dampfte.
Ich mag es wirklich nicht. Da passt man einmal nicht auf und den anderen schläft das Hirn ein. Ich kann doch nicht überall sein und aufpassen, dass ihnen nichts geschieht! Wer bin ich denn? Ich bin Kassis! Nicht ihre Mutter! Das ist fast so, als müsste ich auf sie aufpassen. Ich bin kein Aufpasser! Ich bin Aufseher! Die sollen sich bloß nicht zu sehr darauf verlassen, dass ich ihnen alles hinterher trage.
Die Tage über wechselten sich die berobten Kultisten und jene Attentäter unter Dogrem damit ab die Patrouillen abzufangen. Die Auftragsmörder besaßen eindeutig schon Erfahrungen im Feld was sie auch beweisen und zeigen konnten. Die Schüler unter Kassis hingegen waren das, was man als eine Fehlentscheidung hätte bezeichnen können. Unerfahren, laut, launisch und auch noch zu stolz, um sich helfen zu lassen. Hätte man es nicht anders erwarten können, sie wären wohl alle verstorben, doch kamen beide Aufseher den Angriffen der Seraphen zuvor. Dass am Ende der Woche tatsächlich noch alle Kultisten überlebt hatten lag eindeutig nicht an ihrer eigenen Effizienz. Zumindest zum Großteil. „Hätte ich es besser gewusst, dann hätte ich es einfach nicht gemacht.“, seufzte Kassis am Abend des siebten Tages, während die Kultisten das Lager abbrachen. „Ich hätte einfach deine Leute losgeschickt und..“ „Dann hätten DEINE Leute jedoch nun nicht die Erfahrung sammeln können.“, grummelte Dogrem, der eher nebenbei beobachtete, wie sich ein berobter Kultist und einer der Attentäter erneut giftige Blicke zuwarfen. „Zumindest haben sie sich nicht gegenseitig den Schädel eingeschlagen.“, brummte er, bevor der Berobte dem anderen Kultisten regelrecht entgegen sprang, nur um erst dann den Griff beider Hände um seine Kehle zu lösen, nachdem noch vier andere dazu kamen, um sie voneinander zu trennen, da der Attentäter bereits nach seinem Dolch unter dem linken Schulterschutz griff. Kassis sah dem kleinen Pulk zu, grummelte dann leise und erhob sich aus seiner Hocke. „Ja, was bin ich froh drüber.. Wir haben also alles zusammen?“ „Das Blut? Ja, wir haben alles.“, murrte Dogrem, der eine feste, jedoch schlanke Phiole unter dem Mantel hervor nahm und sie an Kassis weiter reichte, der ihm diese regelrecht aus der Hand riss. „Warum beklaust du mich dauernd?!“ „Ich bin doch nur ein kleiner Straßendieb der Kultisten des Dhuum.“, grummelte ihm der Attentäter verbissen zu. „Egal nun.. Die kleine Aufmerksamkeit wird in die Stadt gebracht und wir gehen nun am besten los. Wer weiß wie lange wir unten brauchen werden.“ Kassis nickte bedächtig. „Sehr gute Idee.“ „Dann sind wir uns einig.“ Dogrem entriss nun ihm die Phiole mit Blut und warf sie einem seiner eigenen Kultisten zu, der sie auffing und sich einen zweiten hinzu winkte, bevor sie sich schon wieder die Klippe hinab hangelten, um danach im Waldstück zu verschwinden. Kassis streckte sich unter einem leisen Seufzen. „Hach ja.. Der Herzwald.. Ich könnte kotzen vor Freude hier zu sein. Dann gehen wir mal.“ Schon wandte er sich ab und sprang einfach in die Tiefe hinab. Der zweite Aufseher schüttelte den Kopf, blieb selbst stehen und drehte sich in aller Ruhe eine neue Zigarette zusammen. „Zeltlager abbauen und dann los.. Ihr geht alle restlos zurück in den Bau.“ Kurz nur, aber dafür umso schneidender warf er ihnen einen Seitenblick zu. „Alle.. zusammen.. Keine Zwischenfälle mehr.“ Ein einstimmiges Nicken erfolgte auf die Aufforderung hin, bevor sich die Ansammlung auflöste und der Attentäter dem Vermummten hinterher sprang, nachdem er den Glimmstängel am Ende entzündete.
Du wirst dich darum kümmern, Kassis., D.
Ich mag es nicht, wenn man mir Befehle in meinem eigenen Buch erteilen will! Aber was ich auch nicht mag ist, wenn ich mich auf Dinge freue und eine Woche und noch länger warten muss, dass es endlich passiert.. Aber egal. Die Exkursion ist vorüber und das Geschenk endlich in der Stadt. Hoffentlich freuen sie sich! Ich freue mich jedenfalls schon sehr darauf endlich dort zu sein.
Nicht Nina